Transparenzdumping als Erfolgskonzept im Wettbewerb?

Oberflächlich betrachtet besteht Einigkeit darüber, dass es, wenn es um Drittmittel geht, Transparenz das Gebot der Stunde ist. Im Detail stellt sich dann aber die Frage, welche Transparenz das Gebot welcher Stunde sein soll, zumindest aber wird in der Praxis dann gerne bezweifelt, ob mit Gebot der Stunde jetzt oder nicht vielleicht doch irgendwann morgen oder in der Zukunft gemeint ist. Ein schönes Beispiel dafür liefert gerade die Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz ab. Die Universitätsleitung dort möchte einen Vertrag mit der Böhringer-Ingelheim-Stiftung nicht offenlegen, weil sie das Informationsfreiheitsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz dahingehend interpretiert, dass es sich ausschließlich auf Verwaltung bezieht, und Forschung und Lehre seien nun einmal keine Verwaltung und zudem nach § 5 des Grundgesetzes in ihrer Freiheit geschützt. Seltsamerweise scheint die Rot-Grüne Landesregierung, das auch so zu sehen.
Nicht gewollt wird die Transparenz bei Drittmitteln immer wieder von Hochschulleitungen, die zwar einerseits immer wieder betonen, Drittmittelfinanzierung habe keinerlei Einfluss auf Forschungshandeln, sich andererseits aber in einer Transparenzdumpingkonkurrenz wähnen und glauben, mindere Transparenz würde helfen, Drittmittelgeber zu gewinnen. Bundesländer in denen es keine Informationsfreiheitsgesetz gibt, wähnt man deshalb im Vorteil.
Es sieht deshalb so aus, als würde ein simples Informationsfreiheitsgesetz in der Sache nicht ausreichen, weshalb in Rheinland-Pfalz ein Transparenzgesetz, das ausdrücklich Drittmittel in der Forschung einschließe in Arbeit sei, so zumindest äußerte sich der rheinland-pfälzische Landesbeauftragte für Informationsfreiheit im oben verlinkten Artikel. Dieses Gesetz sei wahrscheinlich schneller zu machen, als das Einsichtsrecht gegenüber der Universität Mainz vor Gerichten einzuklagen.
Ein solches Gesetzt ist wohl auch deshalb notwendig, weil in der Vergangenheit Verwaltungsgerichte immer wieder befunden haben, dass die Freiheit von Forschung und Lehre gemäß Grundgesetz das Informationsfreiheitsgesetzt außer Vollzug setzt, wo immer es auch nur im Zweifelsfall um Forschung und Lehre gehe. Dies war wohl auch deshalb möglich, weil das Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) Forschung und Drittmittel nicht direkt anspricht. Das wird – sollte der vorliegenden Entwurf eines Transparenzgesetzes verabschiedet werden – anders sein. Es wäre nun schön zu wissen, wie sich die Hochschulen des Landes zur Frage der Fassung dieses Gesetzes verhalten werden, leider nur gibt es, was zumindest meine Suche betraf, keine öffentliche Stellungnahme von Seiten der Landeskonferenz der Rektoren. Schade eigentlich, hoffentlich bedeutet dies nicht, dass sie gegen solch ein Gesetz sind.
Ein wenig besorgniseregend an solchen Meldungen ist die sich im Zusammenhang mit ihnen abzeichnende Arbeitsteilung. Verbandsfunktionäre des Wissenschaftsbetriebes betonen in öffentlichen Auftritten immer wieder, wie wichtig Transparenz im Umgang mit Drittmitteln, gerade auch mit denen aus der privaten Wirtschaft ist. Wenn es dann aber um die alltagspolitische Praxis geht, will keine Institution transparent sein, weil es könnte ja sein, dass man mit Intransparenz etwas gewinnt.
Eine solche Arbeitsteilung wird dem Ruf der Hochschulpolitik mittelfristig Schaden zufügen und industriefinanzierter Forschung in Hochschulen ohnehin. Doppelte Standards, sind sie erst einmal etabliert, tragen selten dazu bei, Geltungsansprüche von Politik oder einzelnen Politikfeldern zu befördern und Bigotterie steht Wissenschaftspolitik nicht gut an. Man darf gespannt sein, wie sich die öffentliche Debatte um Drittmittel in den Hochschulen weiterentwickelt.