Von überbuchten Haushalten, schlank recherchierenden Zeitungen und der Schwierigkeit wissenschaftspolitisch Opposition zu machen

Das BMBF hat seinen Etat überbucht. Aus einem Gesamtetat von 15 Mrd. muss eine pauschale Minderausgabe von etwa 450 Mio. erbracht werden. Das bedeutet, dass bereits eingeplante Forschungsförderaufwendungen nicht getätigt werden können. Spannend daran wäre nun, wie diese Minderaufwendungen verteilt werden, d. h. welche Förderprogramme im Vergleich zum Vorjahr um wie viel reduziert werden. Laut Tagesspiegel vom 04. März verteilt sich das in Teilen wie folgt: Stärkung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens minus 21 % (22 M€), Weiterbildung und Lebenslanges Lernen minus 14 % (6 M€), Zuschüsse zu Mieten und Pachten Europäischer Schulen minus 25 %, Weiterentwicklung des Bologna Prozesses minus > 25 %, „nur“ um 11 % soll der Teiltitel Strategien zur Durchsetzung Chancengerechtigkeit Frauen in Bildung und Wissenschaft verlieren. Folgende drei Forschungsprogramme sollen ebenfalls heruntergefahren werden: Sicherheitsforschung 16 % (9 M€), Gesellschaftswissenschaften für Nachhaltigkeit 19 % (etwas über 5 M€) und Naturwissenschaftliche Grundlagenforschung – Investitionen > 21 % (38 M€). Mitteilungen, dass es zu einer Kürzung von Fördersummen kommen würde, sind, so der Tagesspiegel, bereits im Herbst vergangenen Jahres rausgegangen.
Die Abgeordnete Nicole Gohlke, Wissenschaftspolitische Sprecherin der Linken, auf deren Anfrage die Liste zurückgehe, hatte laut Tagesspiegel gesagt, an der Kürzung des Programms Weiterentwicklung des Bologna Prozesses zeige sich, dass die Bundesregierung „die verfahrene Situation von Studierende, die beispielsweise einen Teil ihres Studiums im Ausland verbringen wollen“ ignoriere. Zur Kürzung des Fördertitels Strategien zur Durchsetzung Chancengerechtigkeit Frauen in Bildung und Forschung soll Gohlke gesagt haben „dass hier nun noch elf Prozent eingespart werden sollen ist bezeichnend für die niedrige Priorität die Gleichstellungspolitik bei der Regierung Merkel einnimmt“.
Ja das ein echter Knaller gewesen, wenn sich an der genannten Streichliste tatsächlich so was wie eine christdemokratische wissenschaftspolitische Handschrift hätte ablesen lassen. Man hätte dann zeigen können, dass es in einem Feld, in dem für Außenstehende vieles nach Einigkeit aussieht, doch Unterschiede zwischen den Parteien geben kann und, woran sie sich zeigen.
Nur, es war eben doch anders. Die Liste war keine über das Jahr 2015, sondern eine über Soll-Ist-Abweichungen in 2014, d. h., sie bildet keine politischen Prioritätensetzungen ab, sondern fehlende Mittelabflüsse, weil z. B. einzelne Forschungsprojekte – aus welchen Gründen auch immer – nicht zustande kamen, die Projektnehmer die Mittel nicht abriefen etc.. Aussagen über wissenschaftspolitische Prioritäten werden hier also gar nicht abgebildet. Der Tagesspiegel hat das einen Tag später (am Donnerstag) auch berichtigt und die Internetversion des Artikels umschreiben lassen, er heißt jetzt nicht mehr „So will Wanka sparen“ wie am Mittwoch gedruckt, sondern „So hat Wanka bei Bildung und Forschung gespart“.
Was kann man aus all dem nun nachträglich lernen? Für den Berliner Tagesspiegel ist das ein bisschen unangenehm. Die Autorin des Artikels ist offenbar einer Oppositionspolitikerin aufgesessen, die gerne laut trötet und es nicht für nötig befand, den Sachverhalt der – wie auch immer akquirierten Liste, denn um eine reguläre Antwort auf eine parlamentarische Anfrage handelte es sich ja wohl nicht – zu erläutern. Dabei droht unterzugehen, dass das BMBF – wie eingangs gesagt – tatsächlich seinen Haushalt überbucht hat, was schon irgendwie ärgerlich ist. Das heißt, die haben je nach Perspektive, entweder ihre Ressourcen beim Planen um gute 3,5 % überzogen, oder man muss fragen, wie es eigentlich sein kann, dass eine derart hohe Minderausgabe Jahr für Jahr durchgeschleppt werden muss.
Darüber konnte man schon im September letzten Jahres etwas lesen.
Für die ersehnte schwarze Null des Bundeshaushaltes, oder für die Finanzierung des Betreuungsgeldes (denn 100 der fehlenden 450 Mio fallen im BMBF Haushalt dafür an) muss also mit dem Rasierer durch die Projekt- bzw. Programmfinanzierungen gegangen werden. Da steht ein kleiner Nutzen auf der großen Bühne großen Schäden auf den kleinen Bühne gegenüber. Schade eigentlich.