Vor einer guten Woche wartete das SZ-Magazin mit einem recht euphorischen Artikel auf. Die Geschichte über die berichtet wurde ging in etwa so: zwei Agrarwissenschaftler es gibt da eine Pflanzen die Hallersche Schaumkresse, mit der man giftige Schwermetalle aus Böden ziehen kann. Diese Pflanzen könne man auf belasteten Flächen anpflanzen, ernten, verbrennen und würde damit zwei Probleme lösen: dem Boden werden die Metalle entzogen, so dass dieser wieder für andere Nutzungen verfügbar sein kann, zudem hätte man in den Pflanzen begehrte Rohstoffe akkumuliert (weshalb die Pflanzen auch Hyperakkumulatoren genannt werden). Die abgeernteten Pflanzen könnte man dann verbrennen, aus ihrer Asche könnte man daraufhin die Metalle extrahieren. Leider nur sei das Patent dazu in Besitz einer texanische Investmentfirma, die damit nichts mache; jegliche kommerzielle Weiterentwicklung sei bis zum Auslaufen des Patents verboten. Nicht zuletzt aus diesem Grund sei das Patent in den letzten 20 Jahren praktisch unbenutzt. Grund für diese Situation war offenbar, dass in den 1990er Jahren nur private Forschungsmittel für das Vorhaben verfügbar waren und diese kamen von besagter texanischer Firma Virdian. Diese Firma hätte nun Anfang des vergangenen Jahrzehnts die Förderung des Projektes eingestellt und sei dazu übergegangen Freilandversuche unter eigener Regie zu betreiben, was gründlich schief ging.
Den recht lesenswerten Artikel kann man hier nachlesen. Mich interessiert hier nun weniger der Hergang der Geschichte als vielmehr das, was man daraus schließen kann und dann auch das, was mit der beschriebenen Technologie im Zusammenhang steht.
Zum einen finde ich es auffällig, dass für solch ein doch recht interessantes Forschungsvorhaben keine regulären Forschungsfördermittel zu besorgen waren. Dies kann – da kann man nur spekulieren – vielleicht daran liegen, dass das Vorhaben so recht in kein Raster passen wollte: weder handelte es sich um ein pflanzenphysiologisches Projekt, noch war das Agrarforschung im engeren Sinne, ebenso wenig Umweltforschung, so also schien sich niemand so recht angesprochen zu fühlen, das zu fördern, bis auf eben ein Unternehmen, das mit der Rohstoffbranche verbunden ist. Dieses Unternehmen wiederum interessierte sich weniger für die Umweltaspekte des Projektes (Entseuchung von Böden), sondern letztlich nur für den Rohstoffaspekt (Gewinnung von Metall aus Boden, hier Zink). Schließlich gibt es für Zink eine nennenswerte Nachfrage, nicht aber für die wirklich umweltproblematischen Rückstände von Bergbau oder Verhüttung wie Cadmium-, oder Arsen. Dies dürfte ein Umstand sein, der das Potential von Phytomining bis auf weiteres limitiert.
Demzufolge hatte nun auch Viridian seinen Freilandversuch in Oregon darauf abgestellt, Zink zu extrahieren, also Mining zu machen und den Umweltaspekt erst einmal bei Seite zu lassen. Man suchte sich nicht metallverseuchte Flächen aus, sondern Flächen die geologisch bedingt Zink im Boden aufzuweisen hatten. Das wäre für sich genommen noch nicht schlimm gewesen, wenn Viridian nicht bei den Freilandversuchen auf allerlei Vorsichtsmaßnahmen verzichtet hätte. So trug man keine Sorge, dass das Laub der Pflanzen nicht in die Umwelt geriet. Die Pflanzen begannen sich also in der Umgebung zu verteilen. Des weiteren wäre es sinnvoll gewesen die Pflanzen nicht zum Blühen kommen zu lassen, um Aussamung zu vermeiden, das tat man aber auch nicht. Zudem problematisch war, dass die Versuchsflächen in der Nähe eines Naturschutzgebietes gelegen waren. Das alles kann man hier nachlesen. Aus der regionalen Medienperspektive blieb von der ganzen Geschichte nur der Umstand, dass eine texanische Bergbaufirma invasive Pflanzen, die dort nicht hingehörten nach Oregon gebracht hätte, lokale Behörden hätten die Weiterführung der Versuche verbieten müssen, eine Strafe in Höhe von 20.000,-$ sei verhängt worden. Aus lokaler Perspektive ist das alles wohl nicht überraschend und gut geeignet sich umweltpolitisch aufzuregen, zumal Texas im Demokratisch geprägten Oregon nicht unbedingt als Heimstatt der Umweltkompetenz gelten dürfte. Gut gelaufen ist das also nicht.
Etwas besser wenn auch nicht wirklich gut gelaufen ist die künstlerische Aneignung der Technologie. Ein mit Rufus Chaney zusammenarbeitender Künstler Mel Chin legte 1990 auf einer Deponie in St Pauls/Minesota ein Versuchsfeld mit fünf verschiedenen hyperakkumulierenden Pflanzen an, um schwermetallverseuchten Boden zu reinigen und um mit dem Wachstum der Pflanzen einen skulpturalen Effekt zu erzielen . Leider zeigte sich, dass nach drei Jahren keine durchgreifende Bodenreinigung erzeugt werden konnte und dass der skulpturale Effekt wegen weitgehend ausbleibendem Pflanzenwachstum auch nicht erzielt werden konnte (vgl. auch Mel Chin: Operation Paydirt, Revival Field; in: Friedrich von Borries/Chrstian Hiller/Wilma Renfordt (2011): Klimakunstforschung, Berlin: Merve). Im Verlauf der 1990er Jahre scheint sich allerdings die Spur des Projektes allerdings zu verliefen
Im Netzt findet sich noch eine andere Spur über Rufus Chaney. Auf Sourcewatch Org, einer Seite die sich dem Verfolgen von Lobbyaktivitäten verschrieben hat, wird er als Klärschlammlobbyist bezeichnet. Neuere Veröffentlichungen lassen darauf schließen, dass er mehrfach mit WissenschaftlerInnen, denen in noch höherem Maße dieser Ruf angehängt wird zusammenarbeitet.
Spannend nun am Ende des Beitrags ist für mich die Durchmischung von Weiß und bestenfalls Dunkelgrau. Eine am Anfang faszinierend aussehende Idee hat viele Haken, funktioniert vielleicht auch nicht so, wie sie sollte und findet sich am Ende im Umfeld eines doch recht gespenstischem Lobbyismus. Meine Frage wäre, ob das jetzt typisch ist für das Feld der Agrarwissenschaften, bzw. Agrarchemie, die ja immer wieder mal ins Zentrum von Aufmerksamkeit geriet und nicht zuletzt bei der Erfindung des Begriffs angewandte Chemie in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts Pate stand (s. hier).