Seit einigen Wochen habe ich nun nichts mehr hier veröffentlicht. Das war Folge eines kurzen Krankenhausaufenthaltes Mitte des vergangenen Monats. Danach hat mich eine Mischung aus postoperativer Nachlässigkeit sowie die weihnachtliche mediale Ereignislosigkeit dazu gebracht, nicht längere Zeit mit dem Rechner zu verbringen, bzw. die verbliebene knappe Rechnerzeit für andere Dinge zu nutzen.
Nun aber ist die Weihnachts- bzw. Jahreswechselpause vorbei, schließlich gibt mir der Krankenhausaufenthalt einen Schreibanlass zum Anfang des Neuen Jahres. Es ist mein zweiter in den nicht ganz 15 Jahren, in denen ich einen organisationssoziologisch geschulten Blick entwickelt habe. Das gibt mir nun Gelegenheit, Überlegungen darüber anzustellen, was aus einer Patientensicht ein gutes von einem sehr guten Krankenhaus unterscheidet. Als Unterschied lassen sich Wartezeiten identifizieren, in einem sehr guten Krankenhaus wartet man kürzer, nicht stundenlang, wenn man eine eigentlich kleine Nachbehandlung des Operationsbereiches braucht; Visiten sind in einem richtig guten Krankenhaus sachorientierter und an den Bedürfnissen des Patienten, nicht denen der ärztlichen Arbeitsabläufe und Selbstlegitimation orientiert.
Interessant sind Krankenhäuser – davon abgesehen, dass ich jetzt eins aufsuchen musste – für mich, weil es sich bei ihnen wie bei Universitäten, Schulen oder Museen um ExpertInnenorganisationen handelt. D. es wird dort etwas gemacht wird, was zum einen außerhalb des Horizonts betriebswirtschaftlicher Blicke liegt, zum anderen nicht nur das wirtschaftliche oder ein technisches Handlungsfeld betrifft, sondern in ein zweites oder drittes gesellschaftliches Funktionssystem hereinreicht (Wissenschaft, Gesundheit, Kunst, Erziehung etc.). Deshalb gibt es in diesen Organisationen Personal mit jeweils eigenen Arbeitsauffassungen, -ethiken und Selbstverständnissen.
Mich hat nun interessiert, wie eigentlich die Organisationsforschung gute von nicht so guten Organisationen zu unterscheiden versucht. Mit dieser Frage beschäftigt sich eine Gattung von Studien, die gerne bereits im Titel die Frage „does management matter“ führen. Es gibt solche Studien – das hat eine Schnellrecherche ergeben – über Schulen (Bloom, et al. 2014a), Krankenhäuser (Bloom, et al. 2014b), Museen (Oster/Goetzmann 2003) und selbstverständlich auch über Hochschulen (Mc Cormack, et al. 2013).
Leider ist die Studienlage insgesamt gesehen heterogen, d. h. mal werden in einem Land verschiedene Ausprägungen eines Organisationstyps verglichen (z.B. alte, neue (vor oder nach 1991 gegründete) und polytechnische Universitäten in England), mal wird global verglichen, wie sich Managerialität gemessen in Management Scores in verschiedenen Ländern auswirkt (so z. B. bei Schulen in Brasilien, Deutschland, Großbritannien, Indien, Italien, Kanada, Schweden, den USA und Deutschland). Die auf Kliniken bezogene Studie hatte zum Ziel Ergebnisse mit Managerialität zu verknüpfen und verglich dazu Kliniken in Brasilien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Italien, Kanada, Schweden, und den USA. Eine Studie zum Museumsbereich schließlich fragte nicht nach Management, sondern nach Governance (was auch immer das im Falle eines Museums bedeuten soll) und wollte Verbindungen zwischen Governanceform und Performanz beleuchten.
Schul- und Klinikstudie waren von den im wesentlichen gleichen Autoren und kamen zu dem gleichen Ergebnissen. Management wird definiert als ein Paket aus operationalisierten Verfahren, Zielsetzung und dem Management von Leuten und Talent. Erhoben wurde Management mittels doppelverblindeter Interviews (d. h. die Interviewer sollten nichts über die Performanz des beforschten Krankenhauses wissen, und die Interviewten nichts darüber, dass ihre Antworten in Managementscores eingerechnet werden.
Dieses Vorgehen impliziert letztendlich, dass Management mehr werden muss, was sich eigentlich von selbst versteht, wenn man anfängt Management im Rahmen von Scores zu messen, schließlich gilt auch hier der alte Grundsatz „whatever You measure
You get mor of it“.* In Hinblick auf gemessenes Management zeigen sich in der Studie deutliche Unterschied zwischen den untersuchten Ländern, Indien findet sich am Ende der Liste, die USA an der Spitze, Deutschland auf einem Mittelplatz knapp hinter Schweden und knapp vor Kanada.
Natürlich wurde ein Zusammenhang von Krankenhausperformanz und Managementscores festgestellt, zumal Ergebnisqualität ja auch nicht unabhängig von Managementkonzepten gedacht werden kann: mit anderen Worten die Messinstrumente geben schon die Antwort auf die Frage, was gut sein wird.
Die Studie zu Hochschulen kommt zu dem nicht ganz uninteressanten Ergebnis, dass Management wie oben definiert auf Ebene der Gesamtorganisation keine Auswirkungen auf Forschungsperformanzen hat, und dass es erst auf der Departmentsebene eine Rolle spielt. Für Krankenhäuser wiederum gibt es einen solchen Befund nicht, weil ja nicht nach den unterschiedlichen Ebenen in Krankenhäusern gefragt worden ist, denn diese wurde ja mit der gleichen Fragestellung wie die Schulen, die über keinerlei Departmentstruktur verfügen untersucht und international verglichen.
Mit meiner eigenen Krankenhauserfahrung hat das Ergebnis der Studie wenig bis nichts zu tun. Managements Scores – so hat die Krankenhausstudie ermittelt – korrelieren mit der Größe von Krankenhäusern, das Krankenhaus in dem ich war war nicht groß, aber gut in Hinblick auf Aufenthalts- und Ergebnisqualität.
*Interessant an dieser Stelle ist, dass drei der AutorInnen der Krankenhausstudie an einem Management Matters Project derUnternehmensberatung McKinsey mitwirken (Dorgan, et al. 2011), es ist also gar keine Frage mehr ob Management etwas ausmacht, sondern bereits eine Tatsache, dass Management in Kliniken von Nutzen ist.
Bloom, Nicholas/Renata Lemos/Raffaella Sadun/John Van Reenen (2014a): Does management matter in schools, NBER Working Paper 20667.
Bloom, Nicholas/Raffaella Sadun/John Van Reenen (2014b): Does management matter in healthcare.
Dorgan, Stephan/Dennis Layton/Nicholas Bloom/Rebeccah Homkes/Raffaella Sadun/John Van Reenen (2011): Management in Healthcare. Why good practice really matters, McKinsey&Company.
Mc Cormack, John/Carol Propper/Sarah Smith (2013): Herding cats? Management and university performance, Working Paper 13/308, Bristol, University of Bristol: Center for Market and Public Organisation.
Oster, Sharon/William M. Goetzmann (2003): Does governance matter? The case of art museums; in: Edward L. Glaeser (Hg.): The Governance of Not-for-Profit Organizations, Chicago: University of Chicago Press, 71-99.