Die hochschul- und wissenschaftspolitische Berichterstattung der großen überregionalen Zeitungen könnte kaum unterschiedlicher ausfallen. Was in diesen Themenfeldern in der Süddeutschen Zeitung stattfindet sei mal beiseitegelassen, weil es weder quanti- noch qualitativ so richtig der Rede wert ist. Weit interessanter sind die die beiden anderen großen Zeitungen Zeit und FAZ. Die einstmals intellektuell orientierte Zeit hat eine Richtungsentscheidung getroffen, dahingehend nicht mehr Forum intellektueller Debatten über sein und Sollen von Hochschul- und Wissenschaftspolitik sein zu wollen, sondern sich mit allen Konsequenzen einem Servicegedanken zu verschreiben. Da wird ratgebend das für oder Wider eines Masterstudiums erörtert, ein Einführungsquiz in das Polizei-Studium gepostet und vieles Hilfreiches mehr. Das mag immer nützlich sein, wenn man gerade nicht weiß, wo man was studieren könnte. Nur eine hochschul- und wissenschaftspolitische Berichterstattung ist das nicht, damit auch kein echter Journalismus, sondern eben Ratgeberei für Leute, die nach dem Abitur nach Studienperspektiven suchen.
Das wäre noch eine akzeptable redaktionelle Entscheidung gewesen eine Ratgeberteil anzubierten, wenn das nicht alles wäre, was man journalistisch über Hochschulen abliefert. Aber dadurch, dass es so aussieht, als hätte die Zeit ihre redaktionell-geschäftlichen Interessen so sehr mit denen des CHE (des Centrums für Hochschulentwicklung der Bertelsmann-Stiftung) verbunden, dass da ein Unterschied kaum erkennbar ist. Schließlich gibt man seit Jahren gemeinsam ein Hochschulranking genanntes Studienortranking heraus. Diese Nähe – so scheint es – wirkt auf die hochschulpolitische Berichterstattung der Zeit zurückt und sorgt dafür, dass diese stets affirmativ zum hochschulpolitischen Mainstream ausfällt. Eine Reflexion dessen, was man in einer Gesellschaft mit Wissenschaft und ihren Einrichtungen will, muss daher in der Zeit leider ausfallen. Da kann man dann zwar über die schlechten, prekären Arbeitsbedingungen wissenschaftlicher MitarbeiterInnen berichten, man kann aber nichts dazu sagen, warum das so ist und wie dies mit aktuellen Hochschulreformströmungen zusammenhängt. Mehr noch – wie redaktionell erstellte Inhalte aussehende Onlin- Anzeigen erwecken den Anschein, als würde hier seitens der Zeit über Forschung an Fachhochschulen berichtet werden.* Tatsächlich nun würde man in der Zeit gerne etwas darüber erfahren können, wie es um Forschung an Fachhochschulen bestellt ist, hier aber bekommt man nur Werbung bzw. PR-Texte darüber serviert. Journalismus wäre etwas anderes. Schade jedenfalls das alles.
In der FAZ ist das anders. Die Zeitung markiert eine Art Gegenpol und hat sich in den letzten Jahren als eine Art intellektuelles Zentrum bürgerlicher Hochschulreform- und Bolognakritik kritik positioniert. Sowas muss man nicht mögen und ratgeberischen Nutzen hat das alles nicht. Allerdings entsteht manchmal ein Eindruck davon, um welche hochschulpolitischen Dollpunkte es derzeit geht. Manches davon ist auch auf eine gewisse Art ordinarienromantisch und beschwört Segnungen einer alten nicht mehr machbaren Art von Universität, aber oft ist es auch einfach – und das immer wieder – interessant. So haben vor etwa zwei Wochen zwei Naturwissenschaftler (Björn Brembs und Axel Brennecke) die manageriale Bürokratisierung der Universitäten angegriffen und darauf die zunehmende Prekarisierung wissenschaftlichen Nachwuchses zurückgeführt. Der Artikel enthält neben interessanten Gedanken (so dem eher nur nebenbei gegebenen Verweis auf die kostenseitige Ineffizienz amerikanischer Foschungsuniversitäten) allerlei weniger interessante Zahlenspiele zu Verhältnissen von wissenschaftlichem und nichtwissenschaftlichem Personal, stellt aber insgesamt gesehen die interessante Frage, warum im Managementdenken beheimatete Flexibilitätserwartungen eigentlich auf dem Rücken des wissenschaftlichen Nachwuchses ausgetragen werden. Weiter fragt der Artikel danach, ob es eigentlich gut sein kann, das diejenigen, die die teuersten Forschungspläne vorzulegen vermögen in der Wissenschaft heute am weitesten kommen. Das sind gute Fragen, die zwar hier und da in der soziologischen Wissenschaftsforschung behandelt werden, jenseits davon aber kaum. Ich würde mir einen Wissenschaftsjournalismus wünschen, der dahin zu gucken vermag, wo es anfängt unangenehm zu werden.
*An dieser Stelle lässt sich womöglich der Einwand formulieren, dass der Anschein doch gar nicht erweckt werden würde, weil doch Anzeige und Verlagsangebot darübersteht und außerdem der Schrifttyp ein anderer sei als bei redaktionellen Inhalten. Nur warum sind die Sachen dann in einem Layout gesetzt, das doch wieder so aussieht als sei es von Zeit-Online.