Die ganz große Schwäche der wissenschaftsjournalistischen Berichterstattung der FAZ ist die zu große Nähe zu den großen Wissenschaftsverlagen. Deren Interessen und Auffassungen werden in und von der FAZ beinahe immer vertreten. So auch wieder gestern.
Der Bundesgerichtshof hatte am 16. April Universitätsbiblotheken (hier konkret der Bibliothek der TU Darmstadt) erlaubt, Lehrbücher zu digitalisieren und die Digitalisate ausdruckbar und am Platz kopierbar zur Verfügung zu stellen. Und das auch gegen den Willen der Rechteinhaber oder dann, wenn der betreffende Verlag der Bibliothek ein Angebot über eine digitalisierte Version unterbreitet hat. Dagegen geklagt und verloren hatte der Eugen Ulmer Verlag.
Die FAZ macht sich nun Sorgen darum, wer für den Schaden aufkommen muss. Der Schaden besteht darin, dass Studierende es nun leichter haben werden, an die von ihnen benötigten Teile eines Lehrbuches zu kommen. Die Zeitung sieht damit das Geschäftsmodell Lehrbuch bedroht und fragt sich welcher Student das noch kaufen, welcher Verlag das noch machen würde.
Bisher sah das Geschäftsmodell ja so aus, dass Verlage und Autoren Bücher produzieren, für die sie sich kaum interessierten, und darauf vertrauen konnten, dass Studierende, die sich ebenfalls nicht dafür interessierten, diese zu überteuerten Preisen kaufen mussten. Neben Studierenden mussten Universitätsbibliotheken diese Bücher in großer Stückzahl kaufen, um sogenannten Lehrbuchsammlungen zu bestücken. Selbstverständlich gab es nie und nirgends genug Exemplare.
Diese Zyklen mag das Urteil des BGH nun aufbrechen, stellt sicht nur die Frage nach dem Schaden, wo er anfällt und wie groß er ist. Die FAZ macht sich jedenfalls große Sorgen, dass nun faktisch ganze Bücher an den Bibliotheksarbeitsplätzen gratis kopiert werden könnten.
Nichts erfahren wir in dem Artikel, welche Einnahmevorstellungen mit dem Angebot des Verlages, die Digitalrechte zu erwerben, verbunden waren. Angesichts der verbreiteten Erfahrungen, die Bibliotheken mit den großen Verlagen machen, kann die Ursache des Problems hier gelegen haben.
Zieht man in Betracht, dass es sich bei den großen Wissenschaftsverlagen um Organisationen handelt, die darauf spezialisiert sind, mit öffentlichen Geldern erzeugtes Wissen zu nutzen, um damit private Profite zu erzielen, fällt eine Anteilnahme mit den Verlagen nicht allzu leicht. Dies gilt auch und um so mehr dann, wenn der Zusammenhang des Preises eines Buches mit der mit seiner Produktion verbundenen verlegerischen Leistung nicht mehr ersichtlich ist, der papierlose Download eines 15seitigen Zeitschriftenaufsatzes 30,- € kosten soll oder ein 250seitiges Paperback 60,-€.
Denn eigentlich war die Idee des Verlagswesens ja mal eine gute: Verlage waren Organisationen, die wussten, wie man aus Texten Bücher macht und diese vertreiben kann. Das war im Grunde eine sinnvolle Dienstleistung, leider sind nur die in den vergangenen Jahren dazugekommenen Geschäftsinnovationen im Verlagswesen nur für eine Seite zielführend und dies ist nicht die Seite der BüchernutzerInnen. Insofern kann man dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der den Tag des Urteils als einen für Forschung und Lehre schwarzen Tag bezeichnet nicht beipflichten und sagen, für Studierende war dies ein guter Tag.