Rudolf Schwartmann Leiter der famosen Kölner Forschungsstelle für Medienrecht (über die habe ich hier schon einmal was geschrieben) hat vor drei Tagen in der FAZ ein spektakuläres Forschungsergebnis kundgetan: Freie WLANs ermöglichen Terrorplanung!!!. …(seit zwei Tagen ist das auch online zu lesen). Wer Terroranschläge vorhat, oder AKWs hacken will, habe nun überall freie WLANzugänge zur Verfügung. Zur Verantwortung ziehen könne man deshalb keinen, der so was mache, damit seien Räume geschaffen, in denen Gesetze belanglos sind.
Motivation des Gesetzgebers sei wohl, private Anbieter von WLAN-Netzen von der Verantwortung für das, was die Nutzer*innen da machen freizustellen, das sei wirtschaftlich sinnvoll und den Betreiber*innen von Netzen gegenüber fair. Rechtsstaatlich gesehen sei das aber ein bemerkenswerter Vorgang, fährt Schwartmann voller moralischer Empörung fort, weil hier mit der Störerhaftung, ein Rechtsinstitut abgeschafft worden sei, weil es lästig ist. Wo aber bleibe da das Recht der Bürger*innen auf Sicherheit?
Befunde, die verblüffen werden hier von Schwartmann aufgeschrieben, ist das noch Forschung? fragt man sich als Lesender. Verunsichernd wirkt, dass besagte Forschungsstelle für Medienrecht bislang nicht durch Terrorismusexpertise aufgefallen ist, schließlich geht es dort um Medienrecht im Kontext einer BWL-Fakultät. Viel mehr aufgefallen ist sie durch urheberrechtliche Forschungsarbeiten, die die Grenze zwischen Forschung und Lobbyismus stets neu verhandeln. Somit drängt sich der Verdacht auf, dass Schwartmann die Terrorbedrohung instrumentalisiert, um für etwas ganz anderes einzutreten: nämlich die Legitimation der unseligen Störerhaftung aus urheberrechtlichen Überlegungen heraus. So etwas eine nun ihrerseits unselige Instrumentalisierung zu nennen wäre vermutlich noch untertrieben. Lobbyistische Interventionen in dieser Richtung dürften auch der Grund gewesen sein, warum die Bundesregierung zunächst an der Störerhaftung und den berühmt berüchtigten zumutbaren Abwehrmaßnahmen gegen missbräuchliche Internetnutzung festhalten wollte. Es ist nun aber zum Glück anders gekommen, wohl auch, weil man bei den zuständigen Ministerien und den beiden Regierungsfraktionen eingesehen hat, dass der Preis für Lobbyistenwillfährigkeit in diesem Fall zu hoch ist. Das passiert glücklicherweise ja manchmal dann, wenn die Auswirkungen lobbyistischer Interventionen allzu öffentlich werden.
Was aber bringt Kölner Fachhochschuljuristen dazu ihre fachliche Reputation mit solchen Texten wie oben aufs Spiel zu setzen, die werden sich ja kaum mit Sätzen wie „Hey wir haben es als Juristen zwar nur an die BWL-Fakultät einer Fachhochschule geschafft, da ist fachliche Reputation nachrangig“ motivieren. Vermutlich sind es Projektgelder, die man auf diese Art von der Urheberrechteverwertungsindustrie bekommen kann. Das könnte auch der Grund sein, warum die Hochschule die Forschungsstelle mit diesem Gebahren gewähren lässt, obwohl sie als Mitglied der UAS 7 durchaus einen Ruf zu verlieren hätte. Das Kalkül mag lauten, Projektgeld ist besser als fachliche Reputierlichkeit, die in einer nichtuniversitären Hochschule vielleicht ohnehin einen geringeren Stellenwert genießt? Schade ist das trotzdem, weil so ein Vorgehen, der ganzen Idee praxiszugewandter Forschung Schaden zufügt.
Auf lange Sicht steckt in andauernden Spiel mit den Grenzen dessen, was man als wissenschaftlich bezeichnen kann, letztlich auch das Risiko einer Selbstaufhebung von Wissenschaft selbst, denn die soziale Nobilität von Wissenschaftlichkeit kann ja nur solange ausgebeutet werden, wie hinreichend viele Menschen an die primäre Wahrheitsverpflichetetheit wissenschaftlichen Tuns glauben. Und diese ist in einer sich verwissenschaftlichenden Gesellschaft, die sich dadurch auszeichnet, dass auch immer mehr außerwissenschaftliche Handlungslogiken in das wissenschaftliche Feld integriert werden ohnehin bedroht. Ist das Vertrauen in Wissenschaft erodiert, dann braucht man wissenschaftsbasierte Zugänge in der Praxis oft nicht mehr, sie werden dann zu reiner Folklore die nur noch mit Umständen verbunden ist, in wahrem Sinne unpraktisch ist. Die der Wissenschaft entliehenen Methoden kann man, wo sie nützen, ja immer beibehalten. Das wäre dann kein Problem, wenn viele Handlungsfelder wissenschaftsunabhängige Innovationsorientierungen hätten, dem ist allerdings nicht so. Ein Grund mehr, dass die Technische Hochschule Köln noch einmal über ihr institutionelles Selbstverständnis nachdenkt und stärker auf die Einhaltung guter wissenschaftlicher Praxis auch bei in der Tagespresse erscheinenden Veröffentlichungen achtet.