Der 24. Mai war ein großer Tag für die Boehringer Ingelheim Stiftung, denn an diesem Tag hat das Verwaltungsgericht Mainz eine Urteilsbegründung eines am 11. Mai ergangenen Urteil veröffentlicht, die besagte, dass die mit der Universität Mainz paraphierte Verträge über die Finanzierung eines Universitätsinstitutes nicht hätten veröffentlichen müssen, wenn sie nicht schon gegenüber anderen Journalisten offengelegt worden wären. Jubilierend verkündete die Stiftung, das Gericht hätte gesagt, dass „der Kläger nicht einmal einen Anspruch auf Zugang zu den Verträgen gehabt hätte“. Die Stiftung hebt damit eine Marginale aus der Urteilsbegründung hervor und stilisiert diese zur Hauptsache, denn die Urteilsbegründung beginnt mit folgendem Satz: 1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zugang zu den Forschungskooperationsverträgen, die die Beklagte (das ist die Universität Mainz) mit der Beigeladenen (der Boehringer Ingelheim Stiftung) geschlossen hat.
Verwunderlich ist, dass eine Stiftung, der gerade vom Gericht attestiert worden ist, dass sie Unterlagen, die sie einem Journalisten nicht hatte zeigen wollen, diesem nun zeigen und zusammen mit ihrem Vertragspartner der Universität Mainz ¾ der Gerichtskosten übernehmen muss, dieses Prozessergebnis feiert. Sie haben sich derartig gefreut, dass sie auch mir wegen eines älteren Blogtextes zum Thema genau diese Presseerklärung zugeschickt haben.
Warum sich eine, Stiftung, die 100 Millionen aufgewandt hat, um mit der Universität Mainz ein Institut zu gründen, derartig darüber freut, in ihren Intransparenzansprüchen zumindest ein (klein) wenig bestätigt zu werden, bleibt unklar. Denn am liebsten müsste denen ja sein, wenn öffentliche Diskussionen über ihr Transparenz- bzw. Intransparenzgebahren so schnell wie möglich aufhören würden. Dafür sorgt man aber eben nicht, wenn man öffentlich darüber jubiliert, dass man im konkreten Fall zwar tun muss, was man nicht tun will, im Prinzip das aber nicht müsste, wenn die Lage nur anders wäre. Aus Sicht der Universität Mainz aber ist es von nicht minder wichtiger Bedeutung, dass nach Möglichkeit niemand danach fragt, wie Verträge, wie die von Monitor nun veröffentlichten, zustande gekommen sind. Schließlich steht darin unter Punkt 7. 2 bzw. 10. Vertraulichkeit (jeweils auf. S. 14) ein Passus, dass „Veröffentlichungen nur im Einvernehmen beider Vertragspartner, der Universität und der das Institut tragenden GGmbh“ zustande kommen dürfen. Ein verwunderter Leser der Verträge mag sich nun fragen, „alle Veröffentlichungen, auch die wissenschaftlichen?“ Nun, das wäre offenkundig rechtswidrig, weil es ein Eingriff in die Freiheit der Forschung wäre. Es sind nur nichtwissenschaftliche Veröffentlichungen (Presserklärungen etc.) gemeint, versucht die Universität zu beruhigen. Angesichts dieser Beruhigung stellt sich aber die Frage, warum denn dann solch ein Satz im Vertragswerk enthalten ist. Weil das so üblich sei sagt die Stiftung, weil man es halt reingeschrieben habe die Kanzlerin, darum also.
Lesen sollte diesen Vertrag nach dem Willen von Stiftung und Universität allerdings niemand, weil so hieß es von der Kanzlerin, „juristische Sprache Leser verwirren könnte“. Es ist aber, wie die FAZ vor etwa zwei Wochen treffend fand, eher die Sprache von Juristen, die hier verwirrt. Warum schreiben Juristen, die darin trainiert sind Sachverhalte wasserdicht zu fassen, einen derart wolkigen Passus in das Vertragswerk, wählen damit eine Wendung, die dem Wortlaut nach eine offenkundig rechtswidrige Interpretation erlaubt. Weil die Zeit knapp war, wegen des Landesvatergeburtstages anlässlich dessen der Vertrag paraphiert werde sollte, wie die FAZ spekulierte? Oder etwa, weil sich genau diese Art von Wolkigkeit etabliert hat, denn sie trägt zur Entstehung eines Denkens bei, dass man es sich als Forschender dreimal überlegt, ob man ein Resultat, dass dem Förderer missfallen könnte, veröffentlicht. Natürlich wächst unter solchen Gegebenheiten die Neigung, das Timing von Veröffentlichungen abzusprechen, diese gegebenenfalls zu verspäten.
Vielleicht wähnten sich die Mitarbeiter*innen der Rechtsabteil auch nur unter einem mehr oder weniger sanftem Druck durch Kanzlerin und Ministerium, auf keinen Fall die Gespräche mit den generösen Stiftern zu versemmeln, weil die könnten ja schrecklicherweise woanders mit ihrem Geld hingehen. Wie dem auch sei, keine der Möglichkeiten würde ein gutes Licht auf die Johannes Gutenberg Universität Mainz werfen. Der Umgang der Landesregierung mit Transparenzfragen wirft ebenfalls Fragen auf. In der Sache schade ist, dass das Informationsfreiheitsgesetz im Namen der Freiheit von Forschung und Lehre, die Einschränkung der Freiheit von Forschung Lehre in der Praxis solcher Kooperationsverträge verschleiern hilft.