In seinem Jahresgutachten 2014 vertritt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung die erstaunliche Auffassung, zunächst müsse die „Effizienz der Wirtschaftsprozesse gesichert sein“, dann könne man über Verteilung gemäß etwaiger gesellschaftlicher „Konsense“ nachdenken. Den Satz muss man sich zweimal vorlesen: Zuerst meint der Rat es gebe so etwas wie eine außersoziale, absolute Effizienz nichtnatürlicher, menschengemachter Prozesse, eine Auffassung, die eigentlich schon erstaunlich genug ist, dann scheint er (der Sachverständigenrat) auch noch zu meinen, dass diese Prozesse allem Sozialen vorgeschaltet sind, und dass Eingriffe des Sozialen in die eigentlichen vor- oder nichtsozialen Prozesse ineffizienzsteigernd wären.
Besser kann man gar nicht sagen, dass man (1.) wirtschaftliche Prozesse für quasinatürliche hält, (2.) meint, Effizienz existiere jenseits von menschlicher Betrachtung und (3.) glaubt, wirtschaftliche Prozesse würden außergesellschaftlich ablaufen. Das alles hindert dann aber nicht daran, politische Ratschläge geben zu wollen, als diene die Politik und alles Soziale eigentlich nur den wirtschaftlichen Prozessen.
Das passt nahtlos an die Ausführungen, die ich im vorherigen Eintrag kommentiert habe und zeigt damit auch zu welch autistischen Denkwindungen eine Disziplin in der Lage sein kann. Die Volkswirtschaftslehre markiert hierbei einen unrühmlichen Höhepunkt und eine seltsame Melange aus Eigenüberschätzung und Ignoranz von allem, was nicht in die eigenen Relevanzstrukturen hineinpasst. Gute fachliche Praxis kann das ja wohl kaum sein und, warum hört denen eigentlich noch jemand zu?