Was es zur Bayreuther Erklärung der Universitätskanzler*innen zu sagen gibt. Ein Pöbeltext

Die Vereinigung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten hat ein Papier vorgelegt, das als Verteidigung des Befristungsbetriebs gedacht ist (ein Überblick zu Inhalten und Reaktionen dazu steht hier bei Jan-Martin Wiarda). Das Papier ist von einer fast schon bedrückenden Schlichtheit. „Gute Arbeit ist entfristete Arbeit“ wie es die GEW fordere sei ein falscher Slogan meinen die KanzlerInnen, denn Universitäten seien „ein Qualifizierungssystem“ (so steht es wörtlich da) Deshalb sei es nötig, wissenschaftliche Stellen zu befristen, damit es auch für nachfolgende Generationen noch welche gebe.

Ein kurzer Blick in das kleine Papier ist nötig, um zu sehen welch flachen Geistes das Papier ist. „Universitäten leisten mit der Qualifizierung dringend nötiger Fachkräfte einen wichtigen Beitrag für, Gesellschaft, Wirtschaft und Öffentlichen Dienst“ lautet der erste Satz“ und „das Modell befristeter Qualifizierungsphasen in den unterschiedlichen Bildungsformaten der Universität, leistet einen unverzichtbare Beitrag dafür, dass dieses gesellschaftliche Ziel weiterhin erreicht werden kann.“

Weiter unten gibt es weitere Preziosen wie diese: „Das Beschäftigungssystem der Universitäten im wissenschaftlichen Bereich ist primär ein Qualifizierungssystem und darf daher nicht mit den gleichen Maßstäben wie Beschäftigungsverhältnisse in der Wirtschaft und der Verwaltung gemessen werden.“ Und so weiter. Intuitiv erinnert der Text in der Hässlichkeit der Formulierung und mit seiner Wirre an die Lyrik, die Douglas Adams den Kommandanten des Vogonischen Raumschiffs vortragen ließ, das ist alles weder sprachlich akzeptabel noch logisch. Das Beschäftigungssystem des Universitätssystems soll primär ein Qualifizierungssystem sein, was für ein System ist es nun, oder sind die Universitäten selbst nun ein Qualifizierungssystem oder haben sie eins, das ein Beschäftigungssystem ist? Nach fast jedem Satz ein Fragen und ein Kopfschütteln. Sähe man Gedankengänge dieser Qualität in Aufsatzmanuskripten, würde man den Autor des eingereichten Papiers um eine nochmalige Überarbeitung bitten und im Review vielleicht schreiben, dass der Autor Probleme damit hat, logische Argumentationen aufzubauen.

Auch schon der Einstige macht Schaudern: Universitäten qualifizieren also dringend benötigte Fachkräfte, Fachkräfte? Keine Rede ist da von Reflexion, von Forschung von Wissenschaft, von all den Gründen, aus denen eine Gesellschaft bereit ist, einen hochgradig eigenlogischen, mit seltsamen Ritualen vollen Betrieb wie den Wissenschaftsbetrieb zu finanzieren. Ganz zu schweigen davon, dass ein Studium so viel mehr ist als die Transformation von jungen Menschen zu Fachkräften. Dieser geistigen Flachheit entspringt dann geradezu logisch, dass es für Kanzler*innen offenbar schwer ist zu verstehen, was das besondere an wissenschaftlichen Qualifikationsprozessen ist. Insofern können sie vielleicht auch nicht verstehen, dass sich diese Besonderheiten eben nicht aus der Befristetheit der weitaus meisten wissenschaftlichen Beschäftigungsverhältnisse ergibt, sondern aus einem komplizierten mix aus Motivationen, Erwartungen und Persönlichkeitsveränderungen.

Der Text schleißt mit der Aussage man unterstütze die Ziele des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. Die Kanzler*innen wären, meinten sie das so, wie es da steht, dafür zu beglückwünschen, dass sie die erste Menschengruppe sind, die die Zielsetzung diesen formidablen Gesetzes verstanden haben. Entlastend für die Kanzler*innen mag angemerkt werden, dass sie vielleicht nicht die Zielsetzungen, sondern die Ergebnisse gemeint haben, aber das bleibt letztendlich Geheimnis dieser illustren Verwalter*innenrunde.

Die pflichtschuldig angepappte Forderung nach einer soliden Grundfinanzierung vermag das Papier dann am Ende nicht mehr aufzufangen. Seine Autor*innen mögen sich gedacht haben, dass sie damit alle mitnehmen, weil wer hätte schon was gegen anständige Grundfinanzierungen, nur, das passiert nicht. Es bleibt ein erschütterndes Papier voller Fehlverknüfpungen, unzulässiger Gleichsetzungen und klaffender Auslassungen. Und nicht minder störend ist die fehlende Konkretion. Welche Qualifizierungen wie nun gemeint sind, bleibt bis zu Schluss unklar. Auch dass die Post-Doc-Qualifizierungen kein rechtes Ziel haben, mal von Exit oder Professur abgesehen ist eine ärgerliche Auslassung wie auch die vollständig fehlende Erörterung der Frage, warum eigentlich sonst nirgendwo außerhalb der Wissenschaft Qualifikation und Befristung derart miteinander verknüpft werden. Was für ein ärgerliches Textchen.